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06.08.2014 – zweites Kontroll-MRT

Der erste Block des vierten Zyklus‘ ist endlich geschafft. Die Tage gingen dieses Mal schneller vorbei als sonst, da wir viel Besuch hatten.
Papa war jeden Tag da, meistens mit Justus, der aber leider nicht mit auf die Station darf. Damit ihr euch aber wenigstens mal sehen könnt, gehe ich mit dir zur Stationstür. Du springst mir fast vom Arm vor Freude, als du deinen Bruder entdeckst. Ihr beide drückt und knutscht euch zwischen Tür und Angel, bevor Papa mit Justus wieder nach Hause fährt. Ein kleiner Moment voller Bruderliebe.
Papa muss quasi als Alleinerziehender wieder den Spagat zwischen Arbeit, Kinderbetreuung, Haushalt und Klinik schaffen. Es ist eine enorme Anstrengung, es tut mir leid, dass ich ihm nicht helfen kann, doch er meistert auch dieses Mal alles großartig.
Eine liebe Freundin kommt uns zweimal besuchen und bringt tolle Sachen für dich mit, doch du findest es viel spannender, ihre Handtasche auszuräumen und das Portemonnaie zu inspizieren. Die Bilder ihrer Kinder darin faszinieren dich und immer wieder nimmst du ihre Hand und drückst sie auf die Bilder, damit sie dir die Namen ansagt.

In den letzten Tagen brauchst du immer wieder Lasix, das dir beim Ausscheiden hilft. Warum pullerst du kaum mehr? Du lagerst jeden Tag Wasser ein. Ich habe Bedenken, dass irgendetwas mit deinen Nieren nicht stimmt, doch die Ärzte beruhigen mich, da deine Nierenwerte in Ordnung seien.

Heute ist endlich der Tag des zweiten Kontroll-MRTs. Es ist das erste MRT, das eine Aussage auf die Entwicklung der letzten Monate zulässt. Wird der Tumor von der Chemo in Schach gehalten? Oder zeigt er sich unbeeindruckt? Haben sich die Strapazen der letzten Monate gelohnt? Wir sind angespannt und machen uns Gedanken, auch wenn wir wissen, dass wir am Ergebnis nichts ändern können.

Du bist der erste Patient des Tages. Früh kurz vor acht Uhr bekommst du Dormicum, das dich innerhalb weniger Minuten beduselt. Ich bringe dich mit einer Schwester zum MRT, wo dich die Anästhesistin bereits erwartet. Es ist die gleiche Frau, die dich bereits bei den OPs narkotisiert hat. Ich lege dich auf die Liege und du schaust dich mit benebeltem Blick um. Du zeigst auf die blinkenden Geräte, murmelst „Da! Da!“ und lachst die Schwester an.
Die Anästhesistin hält dir die Sauerstoffmaske vors Gesicht, während du eine erste Dosis des Narkosemittels in deinen Katheter bekommst. Ich streichle deine Hände und dein Gesicht. Gerade als die Schwester mit der Propofolinjektion fertig ist, verdrehst du die Augen und fällst in einen tiefen Schlaf.
Ich verabschiede mich mit einem Kuss von dir und lasse dich zurück, damit du intubiert werden kannst. Du liegst so verletzlich und wehrlos vor mir, dass es mir schwer fällt, allein zurück aufs Zimmer zu gehen.
Eine Stunde wird das MRT dauern, danach soll dein Katheter wieder angenäht werden, da sich der Faden gelöst hat. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass das Annähen dieses Mal im Zuge der Narkose gemacht wird, denn so ein Desaster wie beim letzten Mal möchte ich dir unbedingt ersparen.

Anderthalb Stunden später kommt der Anruf, dass ich dich abholen kann. Gemeinsam mit der Zimmerschwester eile ich zum MRT-Raum. Du sitzt im Gitterbett, die Anästhesistin hält dich und streichelt dir den Rücken und ist froh, mich zu sehen. „Er hat ganz große Sehnsucht, länger hätte ich ihn nicht beruhigen können.“, sagt sie, als ich dich auf den Arm nehme.
Es ist alles gut, du bist fit und hast sowohl MRT als auch das Annähen gut überstanden.
Nach dem Mittagessen packen wir unsere Sachen und fahren wieder nach Hause.
Endlich wieder daheim!

Kaum sind wir zu Hause, nehmen deine Nieren volle Fahrt auf. Die Schleusen öffnen sich und du pullerst im Zehn-Minuten-Takt. Innerhalb der nächsten Stunden gibst du fast alles von dir, was du in den letzten Tagen eingelagert hast. Ich komme mit Abhalten kaum hinterher und bin erleichtert, dass deine Nieren nun wieder richtig arbeiten.

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