Die längste Zeit hier haben wir überstanden. Mit großen Schritten nähern wir uns dem Ende der Strahlentherapie. Nun beginnt der Countdown, du musst nur noch 10 Fraktionen über dich ergehen lassen.
Zum vorletzten Mal bekommst du heute die Vincristin-Chemo.
Ich hoffe, dass es dir nicht wieder so schlecht geht wie nach der letzten Chemo. Diese 4 Tage danach waren so schrecklich…
Seit Montag geht es dir wieder richtig gut. Du bist zwar schnell geschafft und schläfst mehr als sonst, aber der Alltag ist wieder viel entspannter.
Du entdeckst die Welt mit allen Sinnen, bist unendlich wissbegierig und kannst stundenlang ein und dasselbe Buch mit mir anschauen – und dennoch ist für dich jede Seite aufs Neue wieder interessant.
Dein Wortschatz wächst von Tag zu Tag. Wenn man weiß, was du meinst, versteht man dich problemlos.
Nach dem Duschen liebst du es, in das Handtuch eingemummelt zu werden. Oder im Kinderwagen in deine Decke. Wenn Decke oder Handtuch verrutschen, kommentierst du es mit „Mumme, mumme!“
Du eroberst die Herzen der anderen Patienten und des Klinikpersonals im Sturm. Wenn du im HIT mit mir Verstecken spielst und bei jedem „Buh!“ lauthals und voller Lebensfreude loslachst, vergisst jeder um dich herum für einen Moment die eigenen Sorgen und freut sich mit dir.
Am Montag begleitete dich eine neue Ärztin zur Bestrahlung. Als du eingeschlafen bist, sagt sie zu mir: „Wir bringen ihn dann nachher zu Ihnen. Obwohl – der ist so niedlich… Na mal sehen, vielleicht behalte ich ihn auch.“
Nicht mehr lange und du kannst endlich wieder mit Papa und Justus spielen, kuscheln und Faxen machen. Bis dahin wirst du, so wie in den letzten Tagen, oft mein Telefon holen und es mir mit einem eindringlichen „Papa! Dudud (=Justus)!“ ans Ohr halten.